Neue Publikation von Sibylle Lehmann-Hasemeyer im Journal of Banking & Finance  [19.10.23]

“Heterogeneous inflation and deflation experiences and savings decisions during German industrialization” mit Andreas Neumayer und Jochen Streb

Bild: Pixabay


Die mikroökonomische Untersuchung des Sparverhaltens von 2.500 deutschen Sparern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglicht es, die Ursachen für individuelle Sparentscheidungen in einer aufstrebenden Volkswirtschaft zu erforschen. Indem die Inflationserwartungen der Sparer aus ihren persönlichen Inflationserfahrungen abgeleitet wird, bestätigen wir die Standardinterpretation der Euler-Gleichung: Die Sparer unserer Stichprobe reduzierten ihre Ersparnisse mit einem Anstieg dieses Proxys für die Inflationserwartung. Neben diesem Ergebnis liefert unsere Studie drei weitere Erkenntnisse. Erstens stellen wir eine nichtlineare Beziehung zwischen Inflationserfahrung und Ersparnis fest; das bedeutet, dass die Sparer nur auf außergewöhnlich hohe Inflations- (und Deflations-)erfahrungen reagierten und kleinere Schwankungen dieses Maßes ignorierten. Zweitens stellen wir fest, dass die Sparer auch auf hohe Deflationserfahrungen mit einer Verringerung ihrer Ersparnisse reagierten. Dieses überraschende Verhalten wird verständlich, wenn man bedenkt, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der globalisierungsbedingte Rückgang der Verbraucherpreise mit einem Anstieg der Nominallöhne verbunden war. Drittens zeigen wir, dass es vor allem langjährige Sparerinnen mit überdurchschnittlichen Sparguthaben waren, die ihre Ersparnisse an veränderte Inflationserfahrungen anpassten.


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